Kurzgefasste Geschichte unserer

Heimatstadt

von ihren Anfängen bis zur Gegenwart -

von August Strobl

(Direktor von 1954 - 1957)

 

Unsere Schule ist mit der Freistadt Eisenstadt seit ihrem Bestehen auf das engste verbunden. Das Stadtgebiet, das eine Fläche von 17,7 qkm umfasst, ist uralter Kulturboden. Er war schon zur Hallstattzeit (1.200 bis 200 v. Chr.) besiedelt. Auf dem Burgstallberg soll die Wiege von Eisenstadt gestanden sein. Zur Zeit der Römer hat man hier den Weinstock gepflegt, Kastanien- und Mandelbäume gepflanzt. Militär und Kaufleute zogen längs der Römerstraße gegen Carnuntum. Dann brausten die Stürme der Völkerwanderung über unser Gebiet, bis unter Karl dem Großen (800 n. Chr.) germanische Stämme ihren Wohnsitz hier aufschlugen. Diese wurden von den aus dem Osten vorstürmenden Magyaren unterworfen.

In den darauf folgenden Jahrhunderten wechselte unser Gebiet oftmalig den Besitzer. 1264 wird Eisenstadt das erstemal urkundlich genannt. Ungeachtet der Kriege und trotz Grenzstreitigkeiten wächst Eisenstadt zur Stadt empor. 1373 kommt Eisenstadt in den Besitz der Kanizsai, deren einer der Stadt den großen Freiheitsbrief verleiht, sie mit Mauern befestigt und an der Stelle des heutigen Schlosses eine Burg erbaut. Aus dieser Zeit dürfte auch der Name unserer Stadt (stark eisern, daher Eisenstadt) stammen. 1388 wurde unserer Heimatstadt das Marktrecht verliehen. Ein Bürgermeister und zehn Ratsherren lenkten die Geschicke unserer Stadt. Die Ackerwirtschaft, insbesondere der Weinbau, bildete die Haupteinnahmsquelle der Bewohner. Allmählich blühten auch das Gewerbe und der Handel auf. 1463 wurde mit dem Bau der Stadtpfarrkirche begonnen, der 1520 mit dem Ausbau des Nordturmes vollendet wurde. 1529 rückten die Türken ungehindert bis Wien. 1532 wurde die Umgebung von Eisenstadt von türkischen Streifscharen verwüstet. Am 16. August 1589 fiel ein Teil der Stadt einem großen Brande zum Opfer, auch das Langhausgewölbe der Stadtpfarrkirche stürzte ein.

 

Am 26. Oktober 1648 wurde unsere Heimatstadt zur Freistadt erhoben. 1649 kam die Herrschaft als Erbgut in die Familie Esterhazy. Die Stadt war selbst nun, wenn auch dem Fürsten nicht untertan, doch mit dem Fürstengeschlecht der Esterhazy eng verknüpft. Ihr Bauschaffen wandelte das Bild der Stadt, auch geldliche Unterstützungen des Fürstenhauses flossen durch viele Kanäle unter der Bevölkerung. Auch die rege Kunsttätigkeit wirkte befruchtend auf die Freistadt ein. Schließlich war es ein Esterhazy, der Joseph Haydn nach Eisenstadt berief und damit die Glanzzeit des Hof- und Kunstlebens, insbesondere auf musikalischem Gebiet einleitete. Heute zehren wir noch davon. 1778 hatte die Stadt 1400 Einwohner. Im Jahre 1809 besetzten die Franzosen auf kurze Zeit Eisenstadt.

Anschließend will ich einige Namen aufzählen, die neben Joseph Haydn unsere Vaterstadt berühmt machten: Das war vorerst der Komponist Gregor Joseph Werner, der unmittelbare Vorgänger Haydns als fürstlicher Hofkapellmeister. Er wurde 1695 in Eisenstadt geboren und war von 1728 bis zu seinem im Jahre 1766 erfolgtem Tode Hofkapellmeister. Ein Lieblingsschüler Haydns war der am 29. Juni 1766 in Eisenstadt geborene Johann Nepomuk Fuchs der Ältere. Vom Jahre 1784 an war er Mitglied der fürstlichen Musikkapelle und ständige Stellvertreter Haydns, wenn dieser in Wien weilte. Vom Jahre 1827 an hatte er die Stelle eines Hofkapellmeisters inne, die er bis zu seinem Tode behielt. Der unmittelbare Nachfolger Haydns als fürstlicher Kapellmeister war Johann Nepomuk Hummel, ein bedeutender Tondichter der neueren Zeit. Weiter bekannte Komponisten waren Anton Richter, Mitglied der fürstlichen Musikkapelle und Vater des berühmten Wagner-Dirigenten Hans Richter, der Opernkomponist Hans Weigl, der Eisenstädter Gastwirtssohn Kapellmeister Karl Thomas, gestorben 1860, und der letzte Kapellmeister der fürstlich Esterhazyschen Musikkapelle Karl Zaglitz. Andere große Männer Eisenstadts waren: der Maler Wolfgang Köpp, geb. am 24. 12. 1738 in Eisenstadt, der Kunstuhrmacher Josef Köstler, der Schulaufseher und Bühnendekorationsmaler Michael Mayr, der Verlagsbuchhändler Michael Lechner, ferner einer der bedeutendsten Maler Ungarns, Franz Marko, 1832 in Eisenstadt geboren. Er starb im Jahre 1874 in Budapest. Der evangelische Seelsorger Daniel Wimmer, der in Oberschützen das Gymnasium und die Lehrerbildungsanstalt gründete und viele Schriften veröffentlichte, war ebenfalls Eisenstädter. Eisenstädter Familien entstammten der bekannte Anatom Josef Hyrtl, der "Retter der Mütter" Ignaz Philipp Semmelweis und der berühmte Eisenstädter Bildhauer Gustinus Ambrosi.